Straubinger-Das Stadtmagazin

vorweihnachtlichen Einkaufswahnsinn. Und die Feiertage an sich mag ich sowieso gerne. Mir war immer klar, dass ich, egal wie schön es in der neuen Heimat auch sein mag, Weih- nachten daheim bestimmt vermissen werde. Wie soll das also jetzt hier werden? Es hat – wie jedenTag, seit wir angekommen sind – um die 30 Grad, wir baden im Pool oder im Meer und wenn ich einen Blick auf den Kalender werfe, kann ich es nicht fassen, dass in ein paar Wochen schonWeihnachten sein soll. An- zeichen dafür findet man hier bislang nicht die geringsten. Stattdessen sind viele Häuser, Ge- schäfte und Straßen gerade mit Lichtern und Öllampen geschmückt, um das hinduistische Lichterfest Deepavali zu feiern. Offiziell gilt Malaysia als Vielvölkerstaat und multikonfessionelles Land. Hauptreligion ist, auch auf der Insel Penang, der Islam, ge- folgt von Buddhismus und Hinduismus. Christen sind hier auf der Insel nach offizi- ellen Angaben nur rund fünf Prozent der Bevöl- kerung. Wenn ich die Augen schließe und an Weih- nachten denke, sehe ich mich eingehüllt in einen dicken Wintermantel und mit Mütze und Handschuhen durch eine verschneite Landschaft stapfen (ich weiß, so war es schon lange nicht mehr, aber ich mag den Gedanken). Ich rieche den Duft von Glüh- wein und Knackersemmeln mit allem, bewun- dere die glitzernden Lichter der geschmückten Straßen und Schaufenster, und ich sehe na- türlich meine Familie, wie wir Bratwürstl mit Kraut essen und anschließend Geschenke unter dem Christbaum auspacken. Wenn ich die Augen öffne, sitze ich bei 30 Grad in T-Shirt und kurzen Hosen auf dem Balkon im 20. Stock unseres Appartements, höre das Rauschen der Straße von Malakka, die direkt unter mir vorbeifließt und kann mir grad so gar nicht vorstellen, einen Glühwein zu trinken. Backen gegen Heimweh Dennoch habe ich mir fest vorgenommen, dass wir unser Weihnachtsfest hier genauso genießen werden wie daheim. Also werde ich über meinen Schatten springen und den schönsten künstlichen Christbaum kaufen, den ich finden kann. Mein hölzerner Christbaum wird auch hier vor unserer Eingangstür stehen. Meine Kinder und ich werden Unmengen an Weihnachtsplätzchen backen und essen und damit unser Heimweh bekämpfen, das wir sicher bekommen werden, je näher das Fest rückt. Wir werden jeden Tag Weihnachts- bücher lesen und natürlich ein Türchen vom Adventskalender öffnen. Und an Weihnachten werden wir – nachdem wir den Nach- mittag bei wie immer 30 Grad unter Palmen am Pool ver- bracht haben – den Gottes- dienst in einer der Kirchen in Georgetown besuchen. Wir werden Punsch und Glühwein mit den an- deren Expats trinken, bevor es anschließend heim geht und die Kinder in ihrem Zimmer aufgeregt darauf warten, dass das Christkind endlich damit fertig ist, den Baum zu schmü- cken und die Geschenke zu verteilen. Ich freue mich schon auf ihre leuchtenden Augen, wenn sie die Playmobil-Eisenbahn sehen. Auf die Bratwürstl mit Kraut werden wir zwar in diesem Jahr verzichten, aber ich denke, das können wir einmal überstehen. Geschmückte Straße für das Lichterfest Deepavali. STRAUBINGER | Rumtreiber 71

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