Volksfest Straubinger

74 Fesch samma | STRAUBINGER Sieben als erste Zahl stehen.“ Und Schwups bin ich da angekommen, wo ich jetzt stehe: vor einem Klamottenberg, aus dem ich herausgewachsen bin. Egal, wo der Reißverschluss sitzt, an der Seite oder vorne. Nirgends geht er mehr zu, da kann ich noch so doll die Luft anhalten. Alle Hoffnung stecke ich nun in mein Notfalldirndl – ein altes von der Oma. Das hat mir immer gepasst, da konnten die anderen noch so eng sein. Doch auch hier versagt der Reißverschluss knapp oberhalb des Bauchnabels. Ich pfeffere es in die Ecke. Ein zweites von der Oma, wo bisher mit Leichtigkeit ein Giggerl inklusive Mass samt mir Platz fanden, ist meine letzte Hoffnung. Knopf für Knopf taste ich mich vor. Noch drei, zwei und dann ist auch der letzte zu. Zwar spannt der Stoff dazwischen gewaltig, aber da schaue ich mal großzügig darüber hinweg. Etwas Erleichterung macht sich in mir breit. Wenigstens noch ein kleiner Erfolg am Ende. Mein Dirndl-Mass-Index liegt bei 2 von 12 Ich lasse die letzte halbe Stunde Revue passieren, während ich in das Chaos aus Kleidern, Blusen und Schürzen um mich herum blicke. Bin ich frustriert, werde ich sarkastisch und so denke ich mir: „Der Worst Case ist, wenn es am Fest auch noch richtig heiß wird. Denn dann passen dir selbst die Schuhe nicht mehr, weil deine Füße so angeschwollen sind“. Ich schüttel’ den Kopf, als ob dann meine negativen Gedanken verschwänden. Denn ärgern tut mich das freilich – auch wenn ich weiß, dass ich nicht dick bin, bin ich über meine fehlende Selbstbeherrschung enttäuscht. Auch wenn ich meinen BMI nicht kenne, meinen DMI (Dirndl-Mass-Index) weiß ich jetzt: Er liegt bei 2 von 12. Und wenn ich mir über das doch zweideutige „Mass“ im Wort Gedanken mache, sollte es heuer auf dem Fest lieber nur Halbe geben. Denn ob ein Liter Flüssigkeit noch zwischen mich und den enganliegenden Stoff passt, wage ich zu bezweifeln, geschweige denn ein halbes Hendl. Die Dirndl-Figur muss bis zur nächsten Saison warten Als ob er meine Gedanken hört, ruft ein Stockwerk tiefer mein Freund: „Essen ist fertig“. Und da muss ich direkt lachen. Ich kann mich noch so darüber aufregen, dass ich nicht mehr in meine Kleidung passe, aber Hunger habe ich jetzt trotzdem. Und ganz ehrlich, die Lust auf gutes Essen lasse ich mir deswegen auch nicht nehmen. Zwar nehme ich mir vor, künftig weniger Süßes zu essen und auch wieder regelmäßiger ins Training zu gehen, aber dafür hungern, dass ich wieder in meine Trachten passe, sehe ich im Moment nicht ein. Zumindest wird es bis zumVolksfeststart am 11. August etwas knapp. Für die nächste Dirndlsaison kann ich es mir vornehmen. Und schon bin ich wieder etwas besser gelaunt. Meine Lösung für heuer: Anstatt für jeden Besuch ein anderes Dirndl zu wählen, muss ich eben öfter zur gleichen Tracht greifen. Daheim bleiben tu ich deswegen natürlich nicht. Das Positive daran, wenn nur zwei Kleider passen, ist, dass ich mir jede Menge Zeit spare, die ich sonst mit der Frage „Was zieh ich heute aufs Fest an?“ verbringen würde. Und so schlüpfe ich in Hose und Shirt und gehe die Treppe nach unten ins Esszimmer. Es gibt Obstsalat – das ist doch schon mal ein Anfang.

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