Straubinger - Christkind 2011
22 Leben | STRAUBINGER „Den Christbaum sollte man nach Neujahr kaufen, dann ist das Lametta schon dran.“ Mit solchen Bonmots umgarnt Alt-Kreis- heimatpfleger Josef Fendl ein nationales, längst weltweites Kultursymbol: den festlich geschmücktenWeihnachtsbaum, der in Bayern natürlich Christbaum heißt. Ein Weihnachts- fest ohne Christbaum und das gemeinsame Christbaum-Schmücken am Vormittag des 24. Dezember ist in Deutschland eigentlich undenkbar. Woher der Christbaum kommt, wann dieses Brauchtum anfing, warum es sich international verbreitete, darüber gibt es unter- schiedliche Theorien. Erstaunlich mutet zunächst einmal an, dass der Christbaum auffallend wenig mit der christlichen Weihnachtsgeschichte zu tun hat. Er ist auf den ersten Blick ein heidnisches Symbol des Durch- haltevermögens der Pflanzen in der unwirtlichen Eiseskälte des Winters. Vielleicht war er vor 2.000 Jahren eine Opfergabe an germanische Götter? Jedenfalls weist auch die Wort-Bedeu- tung von „Weihnachten“ (Althochdeutsch: „Ze wihen nachten“) auf die Feier der Mittwinter- nächte hin. Diese galten den Germanen vom 26. Dezember bis 6. Januar als heilig. Mit seinem festlichen Schmuck und seiner im- posanten Erscheinung hat der Christbaum in der westlich-christlichen Neuzeit seit etwa 150 Jahren Schritt für Schritt die Krippe als Haupt- symbol derWeihnacht abgelöst. Seitdem steht die Krippe mit den „Hauptdarstellern“ Maria, Josef und Jesuskind im Schatten des Baumes. Der erste Christbaum kommt aus Schwarzach Und dann tritt der Landkreis Straubing-Bogen unerwartet auf den Plan: Interpretiert man Josef Fendls Archiv-Recherche richtig, stammt der allererste Christbaum aus Schwarzach. Ein kleines Dorf im Gäuboden soll dafür verant- wortlich sein, dass heute auch in NewYork ein riesiger Christbaum aufgestellt wird? Der his- torische Beleg liest sich folgendermaßen: Im Bischöflichen Archiv berichtet ein sogenannter „Aktenfaszikel“ der Schwarzacher Chronik aus dem Jahr 1590 auf zehn Seiten von der „Über- schreibung“ eines Pfarrers. Das bedeutet, die Kirchengemeinde wollte den Pfarrer los- werden, indem sie eine offizielle Beschwerde an den Bischof schickte. Das Vergehen des Dorfpfarrers war ein Ge- waltakt. Unter Punkt sechs ist im Faszikel zu lesen, wie Pfarrer Wolfgang Schopper vor der Christvesper mit einem „Tannen Peimel“ (Tan- nenbäumchen) mit „Öpfln“ (Äpfeln) daran auf unruhige Kinder eingeschlagen hat. „Wenn man so will“, ist Fendl überzeugt, „ist das der äl- teste Beleg für einen Christbaum“. 1991 wollte Von Bayern in die Welt Woher der Christbaum kommt Von Roland Kroiss
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