Straubinger - Christkind 2011

    Eine goldene Locke für jeden    Frauen haben es meist schwer, sich gegen männliche Kollegen durchzusetzen. Besonders wenn der Kollege einen weißen Rauschebart, einen roten Anzug und eine Coca-Cola in der Hand hat. Ja, der Weihnachtsmann macht mir das Leben schon manchmal schwer. Da- rüber denke ich oft nach. Auch heute beim Frühstück. Zur Feier des Tages – heute ist Weihnachten – gibt es leckeren Apfelpunsch und selbst gemachte Platzerl aus der Weih- nachtsbäckerei. Mmhh... Ich meine, in Ame- rika kann der Mann ja machen, was er will: Durch Schornsteine rutschen, Kekse und Milch verdrücken und eine wilde Fahrt mit seinem Porscheschlitten machen. Aber nicht hier. Mit geschickter Eigenwerbung und vielen, vielen Fernsehauftritten hat er es geschafft, die Lor- beeren auch in meinem Bereich einzuheimsen. Für MEINE Arbeit. Und das obwohl ich eigentlich anstelle eines Mannes eingestellt wurde. Damals be- schenkten sich die Katholiken noch am 6. Dezember, zu Ehren des Heiligen Nikolaus’. Geschenke am Heiligen Abend gab es nicht. Martin Luther wollte den Menschen damals seinen Grundsatz näher bringen, dass außer Gott niemand verehrt werden sollte. Also hab‘ ich meine Arbeit angefangen. Er nannte mich „der heilige Christ“. Bald setzte sich aber der Name „Christkind“ durch. Das gefällt mir viel besser. Die Menschen haben sich bald an mich gewöhnt und auch an meine Ideen, wie zum Beispiel den Adventskranz oder den Weih- nachtsbaum. Nach und nach waren so viele von meiner Arbeit überzeugt, dass ich meineWeih-  nachtstour neben dem deutschsprachigen Raum auch auf Kolumbien und Italien ausge- weitet habe. Also lieber Weihnachtsmann, auf- gepasst. Ich bin nicht zu unterschätzen. Helfer-Engerl am Straubinger Christkindlmarkt Jetzt aber genug nachgedacht. Es wartet viel Arbeit auf mich. Heute ist schließlich Weih- nachten. Endlich. Das heißt auch, dass ich heute mein letztes Türchen am Adventska- lender aufmachen darf. Ich fülle nicht nur die Kalender meiner Schützlinge, natürlich habe ich selbst auch einen. Es ist ein Foto-Adventska- lender. Heute strahlt mich ein Bild vom Strau- binger Christkind auf dem Christkindlmarkt auf dem Theresienplatz an. Jedes Jahr suche ich mir dort und in vielen anderen Städten eine Assistentin, die mir die täglichen Pflichten in der Stadt abnimmt. Christina hat mich würdig vertreten. Stopsel-Locken, ein goldenes Kleid und eine Krone. Das sind ihre Markenzeichen. Dieses Bild haben die meisten von mir. Ob’s stimmt, verrate ich nicht. Es macht Spaß, zu hören, wie die Menschen rätseln, Bilder von mir malen und sich auch Geschichten aus- denken, wo ich das Jahr über wohne und was ich im Urlaub mache. Nach dem Frühstück hole ich die Post aus meinem wieder mal überfüllten Briefkasten. Das geht schon den ganzen Dezember so. Wunschzettel über Wunschzettel. Auch heute sind noch viele reingeflattert. „Liebes Christ- kind, ich wünsche mir einen Puppenwagen,  Weihnachten aus der Sicht des Christkinds. Von Tanja Pfeffer 50 Rumtreiber | STRAUBINGER

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