Straubinger - Frühjahr 2011

STRAUBINGER | Titel 9 D as Erste, was man in Straubing vom Frühling hört, ist nicht dieses ganz kleine Plopp, Plopp, Plopp, mit dem die lieben kleinen Krokusse immer aus dem Boden schießen – in der Anlage an der Gabelsberger- straße zum Beispiel. Man muss, um das zu hören, die Augen schließen und das Ohr ganz nah auf den Boden legen, dann hört man, wie es ganz leise plopp macht: wieder ein Krokus. Ach, schön. Dann kann man aufstehen und, dem kleinen Frühlingsboten eine Kusshand zu- werfend, träumerisch von dannen tänzeln. Und erste Sonnenstrahlen wärmen das Herz: Ach, endlich Frühling! Wie ist das schön! Aber wer macht das schon. Es sieht ja doch seltsam aus, wenn man, flach auf dem Bauch liegend und mit geschlossenen Augen, in der Anlage Gabelsbergerstraße ver- träumt einem Plopp nachlauscht. Die Frau, die dort immer auf der Parkbank sitzt und für die Zeugen Jehovas wirbt, wäre vermutlich sehr überrascht. Weil man ja sonst immer nur mit einem kopfnickenden „Grüß Gott” weitereilt und sehr beschäftigt tut. Der liebe Gott, würde sie da vielleicht denken, hat einen großen Tier- park; und wer will schon so über sich denken lassen. Obwohl, im Frühling vielleicht schon; viel- leicht sollte man das demnächst einfach ausprobieren. Man könnte zum Beispiel den Polizeiturm umarmen und wonniglich lächelnd an seiner Mauer lauschen, ob man das Klapp, Klapp, Klapp hört, das Kuno, der Polizeistorch, und seine Frau Kunigunde produzieren. Nur träte dann vielleicht der Polizeisprecher Ingo Wühr heran. „Herr Engel?“, würde er fragen, „geht es Ihnen noch gut?“, und in seinem Blick lägen Zweifel. „Ausgezeichnet“, würde man verlegen murmeln, „ganz ausgezeichnet“, und alles auf die Hormone schieben, diese Glücks- Dopamine und Serotonine, die unser Körper nun herstellt wie verrückt. „Wissen Sie“, könnte man sagen, „die machen jetzt immer womm, womm, womm in mir drin.“ Aber wer macht das schon. „Der Frühling“, hat Douglas Adams, der meisterhafte Autor skurriler Geschichten, einmal geschrieben, „wird überschätzt.“ Aber Adams war niemals im Frühling am Stadt- platz. Er wurde geboren in England, wo sich die Jahreszeiten nur so unterscheiden, dass der Regen im Sommer drei oder allerhöchs- tens vier Grad wärmer ist als der Regen im Winter. Und gestorben ist er in Santa Barbara, Kalifornien, dessen Klima eine Reise-Seite im Internet wie folgt beschreibt: „Im Frühling sind die Temperaturen in Santa Barbara mild bis warm. Der Sommer ist warm. Im Herbst wird es warm. Die Temperaturen im Winter sind mild bis warm.“Wenn dort der Frühling kommt, kommt nichts, was nicht eh schon da ist. Am Stadtplatz hört man, wie der Frühling kommt Das ist anders in Straubing. Man sitzt im Stra- ßencafé, die Oberschenkel sicherheitshalber bedeckt mit einer Decke, und bespricht zum 41. Mal die vergangene Eishockeysaison und die Frage, warum es immer so kommt, wie es kommt, und ob Billy Trew nächstes Jahr wiederkommt. Da hört man, wie plötzlich der Frühling kommt. Er kommt nicht mit Flö- tenspiel, auch nicht mit Posaune, obwohl der große Heinz Rühmann behauptet hat, dass er doch beides so liebt, und er macht auch nicht plopp, plopp, plopp. Der Frühling macht womm, womm, womm und dann biegt er entweder vom Ludwigsplatz ab in die Fraunhoferstraße oder um den Kreisel an der Dreifaltigkeitssäule hinein in die Jakobs- gasse. Das Fenster offen, die Ray Ban sehr cool und eine Bassdröhnung, dass es einem die Decke direkt wegvibriert: das ist der Früh- ling! Der Kuno mag klappern, der ZDF -Wetter- vogel mag schwatzen vom Frühlingsbeginn, kalendarisch, meteorologisch, astronomisch, und das Cortina, Florenz und d‘Isep mögen 

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