Straubinger - Christkindl 2013

STRAUBINGER | Titel 7 E inmal – vor sehr vielen Jahren – habe ich Weihnachten in Melbourne verbracht. Nicht nur Weihnachten, auch Neujahr und Ostern, aber eben auch Weihnachten und den Advent. Lange Zeit stand ich im Advent in der Mall in der Bourke Street vor einem Shop, der neu war und dessen Namen ich nicht mehr weiß. Aber gleich vis-à-vis, da war Myer. Myer war ein großes, ein sehr großes Kaufhaus, noch größer sogar als selbst der Hafner. Myer war riesig, das größte Kaufhaus südlich des Äquators. Es gibt alles bei Myer, sogar Weiß- würste gibt es. Ich stand also da, vor diesem Shop, der neu war und dessen Namen ich nicht mehr weiß, und habe Flugblätter verteilt. Denn meine Aufgabe war es, mittels dieser Flug- blätter die Bewohner von Melbourne von der Existenz dieses Shops zu unterrichten. Es war eine sehr anstrengende Tätigkeit. Nie- mand wollte meine Flugblätter haben. Wem immer ich eines anbot, er sagte: „no, thanks, mate“, oder nicht einmal das. Psychisch war das zermürbend, vom Himmel glühte die Sonne. Melbourne, Sie wissen es, liegt auf demselben Breitengrad wie Tahiti, an Weihnachten ist es dort bis zu 35 Grad heiß, Silvester bis 40 Grad. Melbourne besitzt auch etliche Strände und ich musste nicht immer Flugblätter verteilen. An Weihnachten besaß mein rechter Fuß den übelsten Sonnenbrand, den je ein Straubinger Fuß hatte. Doch noch stand ich ohne Sonnen- brand da, vis-à-vis war Myer, das größte Kauf- haus der südlichen Hemisphäre. Was aber lag dort in den Schaufenstern? Schnee. Er glitzerte weiß, oh, wie er glitzerte! In meiner Erinnerung fährt ein Rentierschlitten darüber, ein Santa Claus sitzt darin, mit rotem Mantel und rot bemützt. Melbourne zur Weihnachts- zeit ist voll mit rotbemützten Santa Clausen, die vor Geschäften stehen und dort etwas tun, das das Wort „transpirieren“ nur unzureichend beschreibt. In Melbourne istWeihnachten heiß. Bei Myer aber war Weihnachten weiß, auch wenn der Schnee in Wahrheit nur Watte war oder Styropor. Es sind liebevoll, aufwendig gemachte kleine Szenen Myer erzählt jeden Advent in zehn Fenstern eine Geschichte. Die Menschen kommen von weit, um diese Geschichte zu sehen. Manchmal stehen sie in Schlangen an. Mehr als eine Million Menschen kommen und schauen. Es ist eine Weihnachtstradition, das gehört in Melbourne dazu. Es sind liebevoll, aufwendig gemachte kleine Szenen, und jeden Advent wird eine andere Geschichte erzählt, seit fast 60 Jahren schon. Es kann „A Christmas Carol“ von Dickens sein oder „Schwanensee“. Oder „Sindbad der See- fahrer“. Oder „How Santa Really Works“, eine Geschichte von Alan Snow, die uns verrät, wie das mit Santa Claus wirklich ist. Wo er wohnt, wie er arbeitet, woher er weiß, wer brav war Ludwigsplatz 47 94315 Straubing beim Ludwigstor (09421) 12713 Professionelle Beratung seit 60 Jahren

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