Straubinger - Frühjahr 2012
26 Titel | STRAUBINGER Die weiße Schürze spannt sich um den stäm- migen Küchenchef, der mit einer Zange hoch- klassige Wimberger-Weißwürscht aus dem Bottich zieht. Hinter ihm dröhnt kernige Rock- Musik aus der iPhone-Station. Sogar das Ein- fache will gekonnt sein: Tom Häusler lässt das Wasser aufkochen und wärmt die bayerische Delikatesse danach fünf Minuten lang auf. Vor dem „Zwölfe-Läuten“. Jeden Donnerstag trifft sich eine illustre Runde zum Weißwurst- Frühstück. Jeder ist willkommen, der Lust hat. Besonders beworben wird die Aktion vom Restaurant „Vinistro Künstlerküche“ aber nicht „Muss auch nicht sein“, versichert Betreiber und Küchenchef Häusler. Das Ambiente ist einzigartig im Straubinger Künstlerhaus. Vom Künstlerhaus ist auch der Name „Künstlerküche“ abgeleitet, was laut Tom Häusler „eben kein elitäres Gehabe aus- drücken soll“. Aufgesperrt wird meistens nur bei Reservierung. „Alles kann, nichts muss“, so Häusler. Dann zaubert er etwas Neues aus dem, „was ich frisch da habe“. Damals, vor über 200 Jahren, residierte der Straubinger Bürgermeister Kolb im ersten Stock des Pa- trizierhauses. Eine kunstvoll geschwungene schmiedeeiserne Balkon-Brüstung aus dem Jahr 1783 gibt Zeugnis davon. Danach dirigierte die Familie Künstler von hier aus den Hopfen- handel. Heute unvorstellbar: Sechs Brauereien waren um 1900 allein in der Fraunhofer Straße angesiedelt. Der Innenraum des Lokals im ersten Stock ist herrschaftlich und für die Stadtgeschichte bei- spielhaft ausgestattet. Herrliche Stuckdecken sind mit massiv-herrschaftlichem Mobiliar kombiniert. Hier lässt es sich aushalten, hier kann man repräsentieren. Nicht von unge- fähr melden sich Vorstände großer deutscher Unternehmen beim Straubing-Besuch zum Dinner an. „Früher war ich bei solchen Terminen nervös, konnte kaum schlafen. Denn ich stemme ja alles allein und die Qualität muss passen“, so Häusler. Der Chefkoch ist kein gelernter Koch, sondern Autodidakt – kein Geheimnis. „Dazu stehe ich!“ sagt er selbst. Maschinenbauer ist er eigentlich – aber das war nicht seine Beru- fung. Vor acht Jahren wurde er Profikoch. Er hat jahrelang ausprobiert und kombiniert, ge- dünstet, gebraten, gebacken und filetiert. Wer das Kochen liebt und Talent hat, lernt automa- tisch. Dazu sah er sich Kochbücher von Groß- meistern – unter anderem Dieter Müller und Harald Wohlfahrt – ganz genau an. Kochen mit „ganz vui G‘fühl“ ist Erfolgsgeheimnis und Lei- denschaft vonTom Häusler in seinem „Vinistro“. Der Name ist ein Kunstwort aus den Begriffen „Vino“ (ital. Wein) und „Bistro“ (franz. kleines gemütliches Lokal). Beides trifft hier mindes- tens zu. Spezialität Rindersteaks Der „Tom“, wie er von Freunden und Gästen ge- rufen wird, hat sich in all den Jahren zu einem Steak-Meister gemausert. Wer also das „Vi- nistro“ richtig kennenlernen will, muss einmal sein Meister-Steak gegessen haben. Die Technik hat er Schritt für Schritt verfeinert. Er probierte Braten, Schmoren, Backen, Kochen. Nach drei Jahren der Experimente hatte er den Dreh raus, damit das gute Rindfleisch butter- weich auf der Zunge zergeht: Herrichten, pa- rieren, viel Butter auftragen, und mit Fleischab- schnitten bedeckt, bei 60 Grad im Ofen garen. Danach die Steaks schneiden und anbraten, bis sie schön medium oder durch sind. Rendezvous mit dem Steak-Meister Text: Roland Kroiss Fotos: Mathias Adam STRAUBINGER | Wohlfühlen & Genießen 27
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