Straubinger - Volksfest 2012

100.000 Zuschauer da sind; und dann mithelfen, dass es einen neuen Bier- rekord gibt. Und nach dem Rekord könnte man live mit dabei sein, wie der damalige Oberbürgermeister, der Herr Stiefvater, diesen Rekord ein- ordnet in die ruhmreiche Geschichte der Stadt: „Der einzigartige Erfolg“, könnte man ihn stolz der Welt ver- künden hören, „hat zur Mehrung des Ruhmes und Ansehens unserer Stadt beigetragen!“ Glückliche Zeiten, in denen neue Bierrekorde noch beitrugen zur Mehrung des Ruhms einer Stadt! Noch mehr aber trug 1927 bei. Denn im Zelt der Schlossbrauerei Moos lässt sich eine historische Szene beobachten: gerade Miss-Wahl, die erste überhaupt im Volksfest. Aber hinten im Eck sitzt einer und kaut verdrossen auf einem Bleistift herum. Es ist Max Peinkofer, der junge Heimatdichter. Mit seiner „Maidult“, einem Loblied auf die Passauer Dult, hat er vor einigen Jahren einen schönen Erfolg erzielt, doch hier kaut Peinkofer missgestimmt. Da kommt Marzell Oberneder herein, auch er ein aufstrebender Heimat- dichter. Einige hübsche Verse hat er schon ver- fasst, im Stil des Straubinger Realismus, wie jenes unvergessliche „Und nun fangt an, Euch locken schönste Tage! Der Hagen sei ein einziges Gelage!“. Ach, wunderbar. „Man sagt nicht ‚saugeil‘, Max!“ „Max“, hören wir Oberneder erstaunt sagen, „was ist denn los mit dir? Miss-Wahl ist! Und du bist missgestimmt?“ „I mechat ebbs schreim“, antwortet Peinkofer, „nomoi an Lob- gesang! Aufs Volksfest desmoi. Owa i kim ned weit, zwoa Zeilen erst. Aber de san saugeil!“ „Man sagt nicht ‚saugeil‘, Max!“ erwidert Oberneder, greift das Papier, das Peinkofer ihm unwillig überlässt, und deklamiert prü- fend: „Was s‘Volksfest z‘Straubing is? Nix wiara Riesenhaffa Gschieß!“ Sein Blick wurde streng. „Max!“, sprach er tadelnd, „Ich bin ent- täuscht. ‚Gschieß‘ ist vulgär! Finde ein anderes Wort!“ Aber Peinkofer fand keines. Wie er sich auch mühte, nichts wollte gelingen. „Ebbs, auf dem i Würschtl frieß!“ strich Obern­ eder ihm ebenso durch wie „sündteier, und des woaß i gwieß!“. Und den Reim nach der fünften Maß, „A Bläd- sinn, wei’s des oiwei is“ fand Oberneder geradezu empörend schlecht, weil er fand, dass man „wei‘s“ mit „l“ nach dem „ei“ schreiben muss. Fast kam es zum Streit. Als Oberneder dann, be- reits etwas schwankend, austreten musste, trat ein Zeitreisender an Peinkofer heran. „Herr Peinkofer“, flüsterte der Zeitreisende ihm ins Ohr, „Herr Pein- kofer, schreibens ‚ATrumm vom Paradies‘! Werdens sehen, des wird was!“ Aber das Hauptziel ist natürlich das erste Volks- fest. Am 12. Oktober 1812 tritt man aus der Ka- bine und ist mitten drin in einem großen Pfer- derennen. Das erste Volksfest ist nämlich noch ein Oktoberfest, und weil unser lieber König, Max I. Joseph, am 12. Oktober Namenstag hat, ist auch ein Pferderennen. „Majestät, wer ko, der ko!“ Es ist aber keine aufregende Sache. Der Franz Xaver Krenkl aus München macht nämlich auch mit, der größte Pferdenarr Bayerns, Besitzer der schnellsten Pferde im ganzen Königreich. Einmal, im Englischen Garten, hat er sogar den Kronprinzen Ludwig überholt, obwohl das ver- boten war, der Kronprinz hat sehr geschimpft. Aber der Krenkl hat seinen Hut gelupft und ge- rufen, „Majestät, wer ko, der ko!“ Dem Mann will man natürlich die Hand schütteln und gra- tulieren, und das Rennen hat er natürlich ge- wonnen. Auf der Rückreise schauen wir noch im Jahr 1854 vorbei. Das ist das Jahr, in dem Charles Bourseul erstmals das Telefon beschreibt, aber die Wissenschaft nimmt ihn nicht ernst und sagt nur, so etwas geht ja nicht. Deshalb ist 1854 eine gutes Jahr, um der Wissenschaft einmal tüchtig die Meinung zu sagen. Man steigt also aus. Eine riesige Menschenmenge ist da. Und mittendrin Valentin Siebenbürger, man erkennt ihn sofort und merkt, dass die Zeitmaschine sich um ein paar Monate vertan hat. Denn neben ihm geht der Scharfrichter. Am 6. Mai 1854 ist er ge- köpft worden, gleich neben der Ponyreitbahn, obwohl im Mai gar kein Volksfest war. Er fand, dass das ungerecht war. In der 48er-Revolution hat er in Paris gekämpft und in Baden, mit einem reichen Herrn ist er durch Nord- afrika gereist und hat ihm zwei Mal das Leben gerettet.  Um 1930: Bedienungen der Brauerei Moos; Einsendung von Karin Reitmeier Einsendung von Eberhard Gampig Anzeige aus dem StraubingerTagblatt vom 13.9.1885 8 Titel | STRAUBINGER

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