Straubinger - Volksfest 2014
34 Titel | STRAUBINGER Was ist das bloß, diese Sache zwischen den Menschen hier in Straubing und ihrem komischen Gäubodenvolksfest? Diese Frage beschäftigt mich schon, seit ich auf dieser Welt bin – also seit gut und gerne zweieinviertel Jahren. Aber entschuldigen Sie bitte, ich habe ja ganz vergessen, mich vorzustellen: Mein Name ist Jonathan und ich bin – zumindest wird das von mir behauptet – ein recht auf- gewecktes Bürschlein. Und das mit den zwei- einviertel Jahren ist übrigens genau so, wie ich es gesagt habe. Denn eines der ersten Dinge, die ich kurz nach meiner Geburt im Fe- bruar 2012 mit meinen noch etwas trüben Äug- lein zu sehen bekam, war das Geschenk einer eigentlich ganz lieben Freundin meiner Mama eben zu meiner Geburt: ein knallig-grüner Trachten-Babystrampler mit wirklich seltsamer Verzierung. Damals wusste ich noch nicht, was das eigentlich darstellen sollte. Heute weiß ich, dass es eine Art Hirschgeweih war. Aber an meinen ersten Gedanken beim Anblick des Hemdchens kann ich mich noch sehr gut erin- nern: Sorry Leute, wer soll denn so was tragen? Hirschgeweih, wohin man schaut... Ein paar Monate später – es war mittlerweile Ende Juli, und ich hatte meinen Spaß daran gefunden, mich von meinen Eltern im Kin- derwagen den Stadtplatz rauf und runter kut- schieren zu lassen – wusste ich, wer so was trägt: so ziemlich jede und jeder in Straubing. Wie auf Kommando trugen ab einem be- stimmten Datum irgendwann im Spät- sommer plötzlich alle, wirklich alle, diese seltsamen Sachen mit Hirschgeweih-oder- was-auch-immer-Verzierungen. Papas und andere Männer zogen total unvorteilhaft geschnittene Hosen aus tonnenschwerem, speckigem Leder an, die bei meinen Alters- genossen und mir Schreikämpfe verursacht Der kleine Jonathan und das große Volksfest – der nicht ganz einfache Beginn einer vermutlich ewig währenden Liebe Von Stefanie Sobek Die erste Runde
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