Straubinger - Ausgabe 16 | 2016

8 Titel | STRAUBINGER „Schatz, dasWetter ist wunderschön“, singt im Walzertakt Georg Kreisler, „da leid ich‘s ned länger zu Haus, heute muss man ins Grüne gehn, in den bunten Frühling hinaus! Jeder Bursch und sein Mäderl, mit einem Fresspaketerl, sitzen heute im grünen Klee – Schatz, ich hab‘ eine Idee: Schau, die Sonne ist warm und die Lüfte sind lau, gehma Tauben vergiften im Park!“ Leider hat das die Taubenzüchter überhaupt nicht interessiert. Die haben einfach weiter ihre haddn „d“ durch die Luft fladdern lassen, die ganze Müh‘ mit dem Internet war für die Katz‘. Ich glaube darum, dass das Internet überschätzt wird oder Franken schlecht hören. Und in meinem Kopf waren obendrein plötzlich nur Taubengeschichten, zum Beispiel diese: Brezen von dem einen Bäcker Es gibt nämlich in Straubing auch Cafés und Supermarktbackwarenverkaufsstellen, da haben sie Produkte von mehreren Bäckern. Und es gibt Leute, die kaufen dort Brezen von dem einen Bäcker, obwohl der eine Bäcker meiner Meinung nach echt nicht so gut ist und die Leute auch Brezen von einem anderen Bäcker haben könnten. Aber manche kaufen trotzdem von dem einen und nicht vom anderen. Mich wundert das immer. Einmal hab ich gesehen, wie wieder ein Kunde Brezen von dem einen Bäcker gekauft hat, es hat mich wieder gewundert. Aber dann ist er raus und hat damitTauben gefüttert. Da hab ich verstanden: EinTaubenhasser, der das tut, was Kreisler empfiehlt: „Die Bäume sind grün und der Himmel ist blau, gehma Tauben vergiften im Park! Wir sitzen zusamm‘ in der Laube, und ein jeder vergiftet a Taube, der Frühling, der dringt bis ins innerste Mark, beim Taubenvergiften im Park!“ Ich aber verurteile das. Tauben sind Lebewesen wie wir. Man soll ihnen nicht Brezen von dem einen Bäcker hinbrocken, denn diese Brezen sind tödlich. Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu, das muss auch für Tauben gelten; außerdem kann man sie dann nicht mehr essen. Eine mit Brezen vergiftete Taube, gebraten auf dem Teller? Da sagt doch ein jeder: Nein danke, das ist mir zu ungesund. „Des san heid ja ganz kloane Giggerl?“ Haben Sie schon einmal Tauben gegessen? Ich ja. Meine Eltern haben einmal ein altes Bauernhaus gekauft, nicht weit von Straubing, im Woid. Für Buben war das ein Paradies. Es war auch ein Schlaraffenland. Schwammerl, Heidelbeer-Reimus, Sie verstehen. Ein Taubenschlag war auch mit dabei. Eines Tages hat es zum Mittagessen Giggerl gegeben und wir haben festgestellt: „Des san heid ja ganz kloane Giggerl?“ Nur meine Schwester, die schon acht Jahre alt war, hat die Lage gleich überrissen: „Des san unsere Tauben!“ Und hat zu trenzen begonnen und die Nahrungsaufnahme verweigert, aber uns hat’s geschmeckt. Unsere Kindheit war wunderschön damals im Wald. Gut, meine Schwester sieht das etwas anders. Als ich jetzt meine Mutter befragt habe, wie das damals im Einzelnen war mit den Tauben, hat sie gesagt: „Die Tauben? Mei, de muass ma füllen“, ich finde das eine sehr schöne Antwort. Meine Mutter ist aufgewachsen mit Tauben; mein Opa hat Tauben gezüchtet, und ab und zu hat er sie geschlachtet und meine Oma hat sie gebraten, wobei sie sie vorher gefüllt hat, denn füllen muss man sie. Bei uns hat es Tauben nur ein einziges Mal gegeben, vielleicht, weil das meine Schwester damals etwas traumatisiert hat. „Der Siemhandl“, das sagt sie heute noch, „hat eana an Kragen umdraht.“ Der Siebenhandl war ein alter und sehr rüstiger Waidler, ein Mann mit hellwachem Blick, aus den blitzblauesten Augen, die je ein Mensch sah. Im

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